Cleverdog Campus

Würmer beim Hund Teil 3 – Mythen rund um Würmer, Wurmkuren und Wurmtests

22.11.2023

Würmer beim Hund sind allgegenwärtig. Umso wichtiger ist es, dass Hundemenschen wissen, mit welchen Würmern sie es zu tun haben, wie sie übertragen werden und welche Auswirkungen ein Befall für Hund und Mensch haben kann. In diesem Artikel nehmen wir populäre Mythen rund um Würmer beim Hund unter die Lupe.

Würmer beim Hund Teil 3 – Mythen rund um Würmer, Wurmkuren und Wurmtests

Würmer sind im Umgang mit Hunden allgegenwärtig. Spricht man von Würmern beim Hund ist damit die Besiedelung des Hundekörpers mit verschiedenen parasitären Würmern gemeint. Während manche von ihnen große Schäden im Hundeorganismus anrichten können (Wurmerkrankungen beim Hund), sind andere zwar für Hunde harmlos, können aber beim Menschen lebenseinschränkende oder gar lebensgefährliche Erkrankungen auslösen.

Umso wichtiger ist es, dass alle Menschen, die in ihrem Alltag mit Hunden zu tun haben über Würmer und ihre Auswirkungen Bescheid wissen. Nur so kann eine richtige Risikoabschätzung und ein sinnvolles Wurm-Management betrieben werden.

Während wir in Teil 1 unserer Wurm-Reihe bereits über relevante Wurmarten, ihre Übertragungswege und Auswirkungen auf Hund und Mensch gesprochen haben und uns in Teil 2 unserer Wurm-Reihe dem Erkennen und Bekämpfen von Würmern gewidmet haben, nehmen wir in diesem Artikel populäre Mythen rund um Würmer beim Hund unter die Lupe.

Mythos 1: Wurmkuren zerstören die Darmflora von Hunden!

Auch wenn es wohl jeder schon einmal im Netz oder auf der Hundewiese gehört hat, Sorgen um die Beeinträchtigung der Darmflora von Hunden sind unbegründet. Als Darmflora, fachlich korrekt auch intestinales Mikrobiom genannt, wird die Ansammlung aller im Darm lebenden Mikroorganismen bezeichnet. Das intestinale Mikrobiom besteht bei Hunden zu 99% aus Bakterien der Stämme (Phyla) Firmicutes, Bacteroidetes, Fusobacteria, Proteobacteria und Actinobacteria.
Anthelminthika, die zum Entwurmen von Hunden eingesetzt werden, sind darauf ausgerichtet Würmer (Helminthen) abzutöten. Sie wirken speziell auf die Zellstrukturen in mehrzelligen, aber wirbellosen Lebewesen, wie es Helminthen sind. Sie stören ihre zellulären Prozesse, zum Beispiel durch Überreizung an den Nervenzellenmembranen. Dies führt zu Lähmung und letztendlich zum Tod der Parasiten.
Bei Bakterien handelt es sich um einzellige Organismen, die nicht durch Anthelminthika angegriffen werden.

Mythos 2: Wurmkuren wirken prophylaktisch!

Wurmkuren bieten keinen vorbeugenden Schutz vor einer Wurminfektion. Es ist wichtig zu verstehen, dass ein prophylaktischer Schutz vor einem Wurmbefall, zum Beispiel durch Gabe eines bestimmten Medikaments, nicht möglich ist. Durch Wurmkuren können nur die aktuell im Hund befindlichen Würmer abgetötet werden. Etwa 24-72 Stunden nach Wurmkurgabe ist der Wirkstoff abgebaut und der Hund kann sich theoretisch direkt wieder infizieren.

Ein Befall kann also nie gänzlich ausgeschlossen werden. Durch konsequentes und regelmäßiges Hygiene- und Wurm-Management kann man jedoch das Risiko eines (starken) Befalls, der Ausbildung von Krankheiten bei Mensch und Hund sowie der Verbreitung von Würmern verringern und somit einen vorsorgenden Effekt erreichen.

Konkret sprechen wir hierbei über regelmäßige Maßnahmen, wie die Gabe von Entwurmungsmitteln und Kotprobenuntersuchungen.

Wie genau das Wurm-Management gestaltet wird, sollte nach individueller Risikoabschätzung entschieden werden. Hierbei spielt es eine ganz entscheidende Rolle, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Hund Würmer aufnimmt und ausscheidet, um welche Würmer es sich dabei handelt und wie gefährdet der eigene Hund sowie Menschen und andere Tiere in seinem Umfeld sind.

Je nach Wurm und Maßnahme kann man das Infektionsrisiko sowie die Verbreitung von Erregern unterschiedlich beeinflussen. Doch leider rückt an diesem Punkt häufig der Scheindiskurs „Wurmkur vs. Wurmprobe" mit Blick auf den einzelnen Hund in den Vordergrund, während eine individuelle Risikoabschätzung und der Blick auf das Umfeld, sprich Menschen und andere Tiere, in den Hintergrund rückt.

Um das passende Wurm-Management für dich, deinen Hund und euer Umfeld zu finden, ist es wenig sinnvoll, pauschalen Aussagen zu folgen. Stattdessen ist es wichtig, sich Wissen über Würmer, Wurmkuren und Kotproben anzueignen, sich mögliche Schwächen unterschiedlicher Strategien bewusst zu machen und eine individuelle Risikoabschätzung vorzunehmen.

Damit es dir einfacher fällt, Entscheidungen rund um das Wurm-Management zu treffen, haben wir dir ein kostenloses E-Book zusammengestellt. Hier erfährst du mehr über Möglichkeiten und Grenzen unterschiedlicher Maßnahmen und wie du eine individuelle Risikoabschätzung vornimmst. Das E-Book kannst du dir hier kostenlos herunterladen

Kostenloses E-Book „Wurmkur oder Wurmtest?“

Mythos 3 : Regelmäßige Wurmkuren belasten den Körper des Hundes unnötig!

Dass Wurmkuren den Hundekörper „unnötig“ belasten, liest und hört man immer wieder. Allerdings ist diese Aussage wenig fundiert und sollte in einen relativen Zusammenhang gesetzt werden.

Wurmkuren gelten als sehr gut verträgliche Tierarzneimittel. Die Zulassung ist sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene geregelt. So müssen zum Beispiel in Deutschland alle Tierarzneimittel ein Zulassungsverfahren durchlaufen, dass sowohl die Verordnung der EU als auch das deutsche Tierarzneimittelgesetz (TAMG) als Grundlage hat. Bevor ein Tierarzneimittel zugelassen wird, werden unter anderem die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit geprüft. Hierzu werden im Voraus des Zulassungsantrags entsprechende Studien durchgeführt. Darüber hinaus findet eine kontinuierliche Überwachung und Auswertung möglicher Nebenwirkungen statt, zum Beispiel mit Hilfe der Europäischen Datenbank gemeldeter Verdachtsfälle von Arzneimittelnebenwirkungen.

Bei den meisten für Hunde zugelassenen Entwurmungsmitteln sind Nebenwirkungen sehr selten ( 1 von 10.000 behandelten Tieren, einschließlich Einzelfallberichten). Zu den sehr seltenen Nebenwirkungen zählen vorübergehende Beschwerden des Verdauungstraktes (wie Durchfall und Erbrechen) , systemische Symptome (wie Lethargie) , neurologische Symptome (wie Muskelzittern) oder allergische Reaktionen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei manchen Rassen genetische Prädispositionen bezüglich Medikamentenunverträglichkeiten vorkommen. Hierüber sollten sich Hundehalter:innen bewusst sein und auf die eigenständige Gabe von Wurmmitteln (und Medikamenten im Allgemeinen), ohne Rücksprache mit einer Tierärztin oder einem Tierarzt, verzichten.

Bekannte Nebenwirkungen und Gegenanzeigen können für jedes zugelassene Entwurmungsmittel öffentlich eingesehen werden, zum Beispiel hier:

Ein unentdeckter und unbehandelter Wurmbefall kann hingegen das Immunsystem des Hundes belasten und ernsthafte sowie auch irreversible Folgen für den Hundekörper haben. Dieses Risiko sollte man nicht „unnötig“ in Kauf nehmen.

Mehr zu Erkrankungen, die durch unterschiedliche Wurmarten ausgelöst werden können erfährst du im ersten Teil unser Wurmreihe.

Mythos 4: Ein positiver Wurmbefall ist immer im Kot sichtbar!

Anders als häufig angenommen, muss ein von Wurmbefall betroffener Hund nicht zwangsläufig sichtbare Würmer, Larven oder Eier ausscheiden. Zum einen gibt es in den Entwicklungszyklen der Würmer (mitunter recht lange) Phasen, in denen gar keine nachweisbaren Stadien ausgeschieden werden, zum anderen können einige Entwicklungsstadien ohne optische Hilfsmittel nicht oder nur schwer erkennbar sein. Häufig kann ein Befall erst dann mit bloßem Auge erkannt werden, wenn er bereits massiv fortgeschritten ist und sich bereits starke Symptome zeigen.

Als Hundehalter:in, sollte man im Sinne des Hundes, und mit Blick auf seine Umwelt, daran interessiert sein, einen Befall möglichst zügig zu entdecken. Da wir Menschen hier an unsere Grenzen kommen, benötigt es hierfür Hilfe aus dem Labor.

Mehr zum Thema Kotproben sowie einen Einblick in die Arbeit eines Labors bekommst du in dieser Podcastfolge

Mythos 5: Kotuntersuchungen können Entwurmungen ersetzen!

Diese Aussage kann so nicht getroffen werden.

Dass Kotuntersuchungen eine Entwurmung, bei bestätigtem Befall, nicht ersetzen können, sollte jedem klar sein — doch wie sieht es mit dem Wurm-Mangement aus?

Dafür muss man sich zunächst vor Augen führen, dass es sich bei Wurmkuren und Wurmtest um zwei grundsätzlich unterschiedliche Maßnahmen handelt, die sich nicht eins zu eins ersetzen können. Während regelmäßige Wurmkuren zum Abtöten potentiell vorhandener Würmer und damit zur regelmäßigen Reduzierung einer möglichen Wurmlast eingesetzt werden, soll mit Hilfe von Kotprobenuntersuchungen möglicher Wurmbefall festgestellt werden, um bei positivem Befall selektiv zu behandeln.

Beim Wurm-Management geht es in erster Linie darum, mit gezielten und regelmäßigen Maßnahmen, Intervalle, in denen sich Würmer im Körper manifestieren und infektiöse Stadien ausscheiden können, so klein wie möglich zu halten. Dadurch soll das Risiko einer Verbreitung von Erregern und Ausbildung von Krankheitsbildern, sowohl beim Hund als auch bei dem in seinem Umfeld lebenden Menschen und anderen Tieren, reduziert werden. Die Wahl der Maßnahme hat dabei einen entscheidenden Einfluss auf die Risikosenkung.

Hierbei sind unter anderem folgende Punkte wichtig:

  1. Ein prophylaktischer Schutz ist nicht möglich. Etwa 24-72 Stunden nach Verabreichung einer Wurmkur ist der Wirkstoff abgebaut und der Hund kann sich theoretisch direkt wieder infizieren.

  2. Bei Kotuntersuchungen kann es zu falsch-negativen Ergebnissen kommen. Das bedeutet, dass trotz eines negativen Ergebnisses ein Wurmbefall vorliegt. Dies kann zum einen dadurch entstehen, dass die Qualität von Kotuntersuchungen von menschlichen Faktoren abhängt, zum anderen werden in manchen Zeiträumen des Wurmbefalls überhaupt keine Eier, Entwicklungsstadien oder andere Spuren ausgeschieden, die entdeckt werden könnten. Bei manchen Würmern, wie zum Beispiel dem Herzwurm (Dirofilaria immenses), ist eine Diagnose über den Kot gar nicht möglich. Durch falsch negative Ergebnisse kann eine falsche Sicherheit entstehen, die zu einem unentdeckten Wurmbefall, mit relativ hoher Wurmlast, der Ausbildung von Wurmerkrankungen und Verbreitung infektiöser Stadien, über einen längeren Zeitraum führen kann.

  3. Für einen erfolgreichen Nachweis per Kottest ist immer erforderlich, dass bereits nachweisbare Stadien ausgeschieden werden, der Präpatenz-Zeitraum also bereits abgeschlossen ist. Eine Wurmkur kann jedoch auch innerhalb des Präpatenz-Zeitraums wirken.

Um das passende Wurm-Management für dich, deinen Hund und euer Umfeld zu finden, ist es wichtig, dass du über Würmer, Wurmkuren und Kotproben Bescheid weißt und mögliche Schwächen unterschiedlicher Strategien kennst. Darüber hinaus solltest du nicht vergessen, eine individuelle Risikoabschätzung mit Blick auf den Hund und euer Umfeld zu machen.

Damit es dir einfacher fällt, Entscheidungen rund um das Wurm-Management zu treffen, haben wir dir ein kostenloses E-Book zusammengestellt. Hier erfährst du mehr über Möglichkeiten und Grenzen unterschiedlicher Maßnahmen und wie du eine individuelle Risikoabschätzung vornimmst. Das E-Book kannst du dir hier kostenlos herunterladen.

Kostenloses E-Book „Wurmkur oder Wurmtest?“

Mythos 6: Ein Wurmbefall ist für den Hund nicht weiter schlimm

Nicht selten hört man, dass es nicht schlimm sei, wenn der Hund Würmer hat – derart pauschale Aussagen sind sehr irreführend und falsch!

Zwar zeigen gesunde Hunde bei dem Befall mit bestimmten Wurmarten, wie dem Hundebandwurm oder dem Fuchsbandwurm, meist keine Symptome, andere Wurmarten können jedoch beim Hund sehr ernste Erkrankungen auslösen. Hierzu zählen zum Beispiel Hakenwürmer, Spulwürmer, Herz- und Lungenwürmer. Die Folgen können je nach Wurmart von Magen-Darm Beschwerden über Atemprobleme und Leistungsabfall bis hin zu bleibenden Organschäden und verkürzter Lebenserwartung reichen.

Ein fortschreitender Befall kann darüber hinaus, insbesondere bei sehr jungen, alten oder kranken Tieren, zu einer Beeinträchtigung des Immunsystems und zur allgemeinen Schwächung des Hundekörpers führen. Dies kann zum Beispiel die Anfälligkeit für Folgeinfektionen mit anderen Parasiten oder anderen Krankheitserregern erhöhen und auch die Immunantwort auf Impfungen beeinflussen.

Außerdem sollte man auch das zoonotische Potential mancher, für den Hund relevanter, Wurmarten im Hinterkopf haben. Diese können auch den Menschen befallen und zu ernsthaften, chronischen, mitunter auch lebensverkürzenden Erkrankungen führen.

Mehr zu relevanten Wurmarten, ihrem Vorkommen, ihrer Entwicklung und gesundheitlichen Relevanz für Hund und Mensch erfährst du in Teil 1 unserer Wurm-Reihe.

Mythos 7: Regelmäßige Wurmkuren fördern Resistenzen!

Von Resistenzen spricht man dann, wenn ein Organismus vor der Wirkung bestimmter Stoffe oder Erreger geschützt ist. Während es für uns zum Beispiel einen positiven Effekt hat, wenn wir oder unsere Hunde gegenüber bestimmten Viren resistent sind. Können Resistenzen für uns auch negative Auswirkungen haben, zum Beispiel dann, wenn Krankheitserreger, wie Würmer, Resistenzen (Schutzmechanismen) gegenüber Medikamenten entwickeln. Denn so kann es dazu kommen, dass ein Mittel, das einst zur Bekämpfung gewirkt hat, seine Wirksamkeit verliert.

Medikamentenresistenzen sind vor allem aus der Nutztierhaltung bekannt. Gerade bei Parasiten, die Rinder, Pferde oder Schafe befallen, sind Anthelminthika-Resistenzen verbreitet. Es wird davon ausgegangen, dass die Haltung in großen Gruppen, in gleichbleibenden Stall- und Außenbereichen, die wiederholte Verwendung der gleichen Präparate für alle Tiere einer Gruppe und die dadurch entstandenen isolierten Wurmpopulationen sowie der hohe Selektionsdruck, die Entstehung von Anthelminthika-Resistenzen gefördert hat.

Die Sorge, dass derartige Resistenzen auch bei für Hundeparasiten relevant werden könnten, ist also nachvollziehbar, von einer konkreten Gefahr kann jedoch nicht gesprochen werden. Zum einen gibt es aktuell nur vereinzelte Berichte über (mögliche) Resistenzen (vor allem aus den USA und Australien) und über bestimmten betroffene Wurmarten (vor allem Hakenwürmer), zum anderen fehlt es (inter)national an differenzierten Daten und Forschung zu klinischen und epidemiologischen Faktoren, sowie an genetischer Differenzierung, die eine solch allgemeine Aussage stützen könnte.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Voraussetzungen in der Nutztierhaltung und in der Haltung von Hunden völlig unterschiedlich sind. So werden Hunde in der Regel einzeln oder in kleinen Gruppen gehalten und erfahren ein individuelles und aufwändiges Gesundheitsmonitoring. Die Hunde sind in unterschiedlichen Umgebungen unterwegs und es kommen unterschiedliche Anthelminthika zum Einsatz.

Eine gewisse Sonderstellung nehmen Tierheime, Hundepensionen und andere Einrichtungen ein, die Hunde in größeren Gruppen an denselben Orten halten. Zwar gibt es auch hier in Europa bisher keine bestätigen Wirkverluste, es wird jedoch empfohlen das Wurm-Management sorgfältig zu planen, häufigere Wirkstoffwechsel vorzunehmen und neben regelmäßigen Wurmkuren auch Kotproben zu nehmen, damit die Wirksamkeit der Maßnahmen besser überwacht und die Entwicklung von Resistenzen rechtzeitig erkannt werden kann.

Mythos 8: Wurmkuren wirken nur gegen erwachsene Würmer!

Diese Aussage kann so nicht getroffen werden. Die Wirkstoffe vieler Wurmkuren bewirken auch das Abtöten von Entwicklungsstadien der Würmer.
Darüber hinaus ist wichtig zu wissen, dass die gesundheitliche Relevanz von adulten Würmern und deren Entwicklungsstadien, je nach Wurmart, mitunter ganz unterschiedlich einzuschätzen ist.

Mehr über die unterschiedlichen Wurmarten und ihre Entwicklung findest du in Teil 1 unser Wurm-Reihe.

Mythos 9: Es gibt natürliche Hausmittel gegen Wurmbefall!

Als vermeintliche Alternative zu den bei Tierärzt:innen erhältlichen Wurmkuren, werden mancherorts auch verschiedene als „natürliche Wurmkur“ beschriebene Hausmittel oder gar in der Werbung angepriesene Futter- oder Nahrungsergänzungsmittel empfohlen. Diese sollen zum Beispiel aufgrund von enthaltenen Stoffen (Knoblauch, Weißkohlsaft) oder mechanischen Gegebenheiten (Pferdehaare, Möhrenraspel) als wurmbefreiend wirken.

Zu einer Wirkung dieser Hausmittel gibt es jedoch entweder keinerlei wissenschaftliche Anhaltspunkte oder die nötige Konzentration enthaltener Stoffe wurde nie erforscht. Teilweise können manche Inhaltsstoffe in empfohlenen Mengen sogar gesundheitlich bedenklich für Hunde sein (z.B. Knoblauch oder ätherische Öle).
Im Sinne der Gesundheit des Hundes, sowie mit Blick auf den One-Health Ansatz, sollte die Behandlung eines bestätigten Wurmbefalls immer mit den für den individuellen Fall empfohlenen Anthelminthika durchgeführt werden.

Der unbedachte Wunsch, den Hund mit “natürlichen” Präparaten vermeintlich besonders schonend zu entwurmen oder anderweitig zu behandeln, birgt sowohl für den Hund selbst als auch für seine Umwelt erhebliche Risiken. Beim Umgang mit vermeintlich „natürlichen“ Alternativen ist Folgendes wichtig zu verstehen:
Der Begriff „natürlich“ wird häufig sehr irreführend eingesetzt – insbesondere in der Werbung und quer durch das Internet. Besonders häufig wird „natürlich“ als Gegensatz zu dem Begriff „chemisch“ verwendet. Dabei wird „natürlich“ als etwas sehr Positives wahrgenommen, während „chemisch“ mit negativen Eigenschaften verknüpft wird. Doch „natürlich“ ist nicht das Gegenteil von „chemisch“. Alles Natürliche ist chemisch aufgebaut, und vieles Chemisches ist natürlich.
Korrekter Weise werden mit dem Begriff „natürlich“ Endprodukte oder Rohstoffe, zum Beispiel bei Nahrungsmitteln, Nahrungsergänzungen, Hausmitteln oder Arzneistoffen bezeichnet, welche in der Natur vorkommen und nicht künstlich erzeugt wurden. Viele, zum Beispiel als Lebensmittel oder Medikamente, eingesetzte Endprodukte bestehen sowohl aus künstlichen als auch aus natürlichen Bestandteilen und viele künstlich hergestellte Stoffe sind Kopien, also eine künstlich hergestellte Variante, eines natürlich vorkommenden Stoffes.
Wenn man nun, auch nach dieser Definition, generell alles „natürliche“ mit positiven Aspekten wie „schonend“, „freundlich“ oder „sinnvoll“ und alles „künstliche“ mit negativen Aspekten wie „schädigend“ , „gefährlich“ oder „risikoreich“ verbindet, liegt man immer noch falsch. Nur durch die Einordnung in „natürlich“ oder „künstlich hergestellt“ kann überhaupt keine Aussage über die Wirkung, Nebenwirkungen und Eignung, zum Beispiel im Rahmen einer Behandlung, getroffen werden. So können sowohl natürliche als auch künstlich hergestellte Stoffe oder Produkte gewünschte wie auch unerwünschte Effekte zeigen, starke und schwache Wirkungen hervorrufen und, zum Beispiel für Behandlungen von Hunden, geeignet oder ungeeignet, wirksam oder unwirksam sein.
Um sich bei verwendeten Stoffen über Wirkungen und Eignung im Klaren zu sein und Produkte im Rahmen einer spezifischen Behandlung wirksam und vor allem auch sicher verwenden zu können, ist eine Prüfung dessen unabdingbar.
Bei Tierarzneimitteln, wie es auch Wurmkuren sind, findet dies im Rahmen von Studien und Zulassungsverfahren sowie einer andauernden behördlichen Überwachung statt.
Bei Hausmitteln, zum Beispiel bei der Verwendung von Lebensmitteln, Pflanzen, anderen Naturmaterialien oder zweckentfremdeten Chemikalie, aber auch bei Futtermitteln und Nahrungsergänzungsmitteln, findet keinerlei Zulassungsprozess, im Bezug auf ihren Einsatz zu bestimmten Heilungszwecken, statt. Auch findet keine behördliche Überwachung, hinsichtlich ihrer Nebenwirkungen, statt. Nicht selten fehlt es an aussagekräftigen Studien zur Wirksamkeit und Nebenwirkungen und so haben Verwendungsempfehlungen und Mengenangaben häufig keine fundierte Grundlage.
Darüber hinaus sollte einem bewusst sein, dass beim direkten Einsatz von Pflanzen oder anderen Naturprodukten eine genaue Dosierung von enthaltenen Wirkstoffen erschwert sein kann, da Teile derselben Pflanze ganz unterschiedliche Stoffkonzentrationen enthalten können.
Bei Stoffen, die erwiesenermaßen eine schädliche Wirkung auf den hündischen Organismus haben können, aber auch bei solchen, deren Wirkungen bisher unzureichend untersucht sind, sollte auf Experimente am eigenen Tier verzichtet werden. Hier stehen Hundehalter:innen in der Verantwortung, sich vor Gebrauch zu informieren und auch Werbeslogans und Produktbeschreibungen von Futtermitteln und Nahrungsergänzungen kritisch gegenüber zu stehen!

Kostenloses E-Book „Wurmkur oder Wurmtest?“

Anna-Merle Jedamzik

Anna-Merle Jedamzik

Gründerin von Cleverdog Campus

Merle hat Agrarwissenschaften, mit den Schwerpunkten Tierzucht und Tierhaltung, studiert und widmet sich mit Leidenschaft der Wissenschaftskommunikation im Bereich der Naturwissenschaften. Seit einigen Jahren liegt ihr Fokus dabei auch auf der Kynologie.

Diese Artikel könnten dir auch gefallen: