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Kein Schweinefleisch für Hunde – Die Aujeszkysche Krankheit!

02.04.2020

Darf mein Hund Schweinefleisch wirklich nicht fressen? Woher kommt die Angst vorm Schwein, was hat es mit dem Aujeszky-Virus eigentlich auf sich und welche Bedeutung haben Wildschweine dabei? In diesem Artikel zeigen wir dir, was hinter dem angsteinflößenden Virus steckt und wie du das Risiko einer Ansteckung mit der Aujeszkyschen Krankheit besser einschätzen kannst!

Kein Schweinefleisch für Hunde – Die Aujeszkysche Krankheit!

Vor einer Weile stolperte ich bei Facebook über einen Post, in dem eine Frau berichtete, wie ihr Hund beim Kochen Schweinefleisch vom Küchentisch stibitzte, welches eigentlich in der Pfanne landen sollten. Wir alle kennen solche Situationen und schmunzeln meistens darüber, doch unter diesem Post artete es von einem lustig gemeintem Beitrag in eine große Panik aus. Der armen Frau wurde sogar vorgeworfen, dass sie ihren Hund vorsätzlich gefährden würde! – Sie hatte sich unwissend in eins der größten Fettnäpfchen gesetzt, die die Hundewelt so zu bieten hat:

Schweinefleisch für Hunde? Ein absolutes No Go!

Hund und Schweinefleisch gehören nicht zusammen

Doch was ist eigentlich dran an der Angst vor dem Schweinefleisch im Hundefutter? Wieso ist es ratsam kein Schwein zu füttern? Was genau ist die Aujeszkysche Krankheit und wie gefährlich ist sie? Wie groß ist das Risiko einer Ansteckung? Macht es einen Unterscheid, ob das Schweinefleisch roh oder gegart ist? Und wie sieht es mit Fleisch vom Wildschwein aus? – Es gibt eine Menge Fragen, die zu klären sind!

Doch zunächst einmal vorweg: Nein, Schweinefleisch ist nicht giftig und auch kein besonderer Allergieauslöser. Nein, es kann nicht schlechter verdaut werden als Rind oder Pferd. Und nein, es geht hier nicht um die Hormonbelastung und auch nicht um moralische Wertvorstellungen.

Hinter all den Mythen und Geschichten steckt ein kleiner, aber böser Virus mit dem Kürzel SHV-1, der suid herpesvirus 1. „Suid“ bedeutet, aus dem lateinischen übersetzt „Schwein“ und wie der Name erkennen lässt, handelt es sich hierbei um einen Virus, der als Hauptwirt Schweine bevorzugt. Ebenfalls am Namen erkennt man, dass es sich um einen Virus aus der Familie der Herpesviren handelt. Dieser Virus ruft eine erstmals 1902 durch den Ungarn Aladár Aujeszky beschriebene Viruserkrankung hervor - die Aujeszkysche Krankheit.

Die Aujeszky-Krankheit

Die Aujeszkysche Krankheit, hervorgerufen durch den Virus SHV-1, ist eine Viruserkrankung, die vor Allem bei Schweinen vorkommt.
Die Krankheit zeigt sich bei infizierten Schweinen in unterschiedlichen Formen. Ferkel zeigen meistens Störungen des Zentralnervensystems, erwachsene Tiere hingegen vor allem respiratorische Störungen (Husten, Schnupfen, Fieber) und Störungen des Reproduktionstraktes. Während die Aujeszkysche Krankheit bei jungen Schweinen meist zum Tod führt, ist das bei erwachsenen Schweinen seltener der Fall. Nach überstandener Erkrankung kann das Virus in einen Ruhezustand übergehen, eine sogenannte latente Infektion. Das bedeutet, dass das Virus zwar im Körper bleibt, aber nicht aktiv ist. Das Virus zieht sich in einem bestimmten Bereich des Gehirns zurück (genauer: in die Neuronen der Trigeminalganglien). Schweine können somit ein dauerhaftes Virusreservoir darstellen. Das bedeutet, dass der Virus unter bestimmten Umständen wie zum Beispiel Stress und damit einhergehender Senkungen der Immunabwehr, erneut aktiviert werden kann. Wenn der Virus aktiviert ist, kann er übertragen werden. Infizierte Tiere können somit immer wieder zu Virusauscheidern werden. Diese latente Infektion ist typisch für Herpesviren. Jeder der schon mal nach Stress oder Krankheit ein Herpesbläschen an der Lippe hatte, hat den Mechanismus einer latenten Infektion also schon einmal erlebt.

Soweit so gut. Doch was macht diesen Virus so gefährlich für unsere Hunde? Auch wenn Schweine der Hauptwirt sind, ist der Aujeszky-Virus für den Hund relevant, denn die Krankheit kann auf andere Säugetiere (Endwirte) übertragen werden. Während die Krankheit insbesondere bei erwachsenen Schweinen häufig nicht tödlich verläuft, sieht dies bei den meisten anderen Säugern ganz anders aus. Abgesehen von Menschen, Primaten und Pferdeartigen, welche als resistent gelten, verläuft die Krankheit bei allen anderen Endwirten immer tödlich. Der folgende Steckbrief gibt euch einen Überblick über den Virus und seine Auswirkungen:

Aujetzkysche Krankheit beim Hund - Steckbrief:

Wie groß ist die Gefahr einer Ansteckung mit dem Aujeszky Virus durch Hausschweine?

Seit 2003/2004 gilt Deutschland als aujeszkyfrei (AK-frei). Strikte Bekämpfungsmaßnahmen konnten die Krankheit eindämmen. Die Gefahr einer Ansteckung von Hunden durch Produkte aus Hausschweinebeständen deutscher Herkunft ist sehr gering. Ein solcher Fall ist seither nicht bekannt.

Sehr häufig kann man in Hundeforen Aussagen wie Folgende finden: „Da der Erreger für den Menschen nicht gefährlich ist, wird bei Schlachtung ja nicht getestet, man kann also nicht sicher sein kann, dass das Virus wirklich unter Kontrolle ist.“

Diese Aussage ist mit großer Vorsicht zu genießen und übersieht dabei ein paar sehr wichtige Punkte. Denn auch wenn der Virus für erwachsene Schweine häufig nicht tödlich ist und für den Menschen keine gesundheitliche Gefahr birgt, führt ein Ausbruch der Krankheit zu schwersten wirtschaftliche Schäden für die schweinehaltenden Betriebe. Dies fängt bei einem Verlust von nahezu 90% der Ferkel an, führt über Wachstumsprobleme von Absetzern und Mastschweinen bis hin zu Aborten bei tragenden Sauen. Es folgen strenge und kostenintensive Quarantäne- und vollständige Tötungsmaßnahmen, sowie Exportverbote. Das Interesse der Landwirte ihre Bestände AK-frei zu halten ist also sehr groß!

Zwar finden keine unbegründeten Tests bei der Schlachtung statt, dafür gibt es aber eine gezielte Überwachung (Monitoringprogramme), bei der vorbeugend und in regelmäßigen Abständen Blutproben genommen werden. Die Anzahl der Stichproben pro Betrieb richtet sich nach deren Bestandsdichte. Des Weiteren werden Proben bei Verdacht genommen. Schweine dürfen nur aus AK-freien Ländern importiert werden und Heilungsversuche sind strengstens verboten. Da Herpesviren in der Tat schwer zu kontrollieren sind, sind eine Reihe strenger Hygienemaßnahmen vorgeschrieben, die das Einschleppen der Krankheit verhindern sollen. Wer hier an näheren Informationen interessiert ist, sollte einmal einen Blick in die Schweine-Hygiene-Verordnung werfen.

Auch wenn es Impfungen für Schweine gibt, sind diese in AK-freien Ländern verboten. Dies liegt daran, dass auch geimpfte Tiere Virusträger sein können. Die Impfung würde so zwar die Symptome der Erkrankung bekämpfen, aber nicht die Weitergabe der Krankheit an ungeschützte Tiere. Der Zukauf von geimpften Tieren ist daher auch verboten.

Die Ausrottung der Krankheit in Europa gilt als die wichtigste vorbeugende Maßnahme. Neben Deutschland sind bereits einige Länder wie die Schweiz und Österreich offiziell AK-frei. In einigen anderen Ländern, wie zum Beispiel Griechenland, stellen die hohen Temperaturen und Freilandhaltung die Bekämpfungsmaßnahmen vor große Herausforderungen. Bei Schweinefleisch aus nicht AK-freien Regionen ist natürlich Vorsicht geboten!

Weitere Informationen Zum Status der Aujeszkyschen Krankheit in unterschiedlichen Ländern findet man bei der https://www.oie.int.

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Und wie sieht es mit einer Ansteckung des Aujeszky-Virus von Hunden durch Wildschweine aus?

Hier wären wir auch schon am letzten und im meinen Augen wichtigsten Punkt angekommen, der beim Thema Aujeszky leider viel zu häufig unter den Tisch fällt – Das Thema Ansteckung durch Wildschweine.

In einigen Artikeln und Foren musste ich erschreckenderweise sogar lesen, wie von der Fütterung von Hausschwein abgeraten und gleichzeitig zu Fütterung von Wild(schwein) geraten wurde. Einige "Ernährungsberater" sind beim Thema Schweinefleisch gleich auf 180, können bei der Nachfrage zum Wildschwein jedoch keine eindeutige Antwort geben – Das ist nicht nur verwirrend sondern auch der gefährliche Haken an der ganzen Sache.

Der Status der Seuchenfreiheit eines Landes gilt nur für Hausschweine, jedoch nicht für die Wildschweinbestände. In so gut wie allen Ländern Europas, auch in Deutschland, treten immer wieder Fälle von Aujeszky bei Wildschweinen auf. Zwar gibt es in den meisten Bundesländern mittlerweile Monitoringprogramme (Stichproben der Wildschweine werden untersucht). So sind zum Beispiel in Bayern 2016 etwa 11% aller untersuchten Proben serologisch positiv getestet worden. Eine gezielte Bekämpfung wie bei den Hausschweinen ist jedoch nicht möglich. Viel mehr spielt die gezielte Regulation der Wildschweinbestände eine wichtige Rolle. Eine besonders hohe Anzahl der positiv getesteten Tiere gibt es in Ost- und Südeuropa.

Jagdhunde von Aujeszkyscher Krankheit betroffen

Wie im Steckbrief bereits erwähnt sind alle in den letzten Jahren registrierten Krankheitsfälle von Hunden ausschließlich bei Jagdhunden, und nur nach direktem Kontakt mit Wildschweinen aufgetreten. Doch auch hier gibt es, aufgrund des wirklich seltenen Auftretens (etwa 1-3 Fälle im Jahr) keinen Grund zur Panik. Eine gesunde Vorsicht ist eher angebracht. Für Jagdhundeführer gibt es einige Leitfäden von Behörden und Jagdverbänden, um das Risiko während und nach der Jagd zu minimieren und auch eine Übertragung in Hausschweinebestände zu verhindern. Für alle Anderen gilt, sich einfach an die gültigen Vorschriften im Wald zu halten (z.B. Leinenpflicht und das Nichtverlassen der Wege). Fleisch, Innereien und Knochen von Wildschweinen sollten auf jeden Fall nicht (ohne ausreichende Erhitzung) gefüttert werden!

Informationen über das Vorkommen der AK in Wildschweinbeständenen eurer Region bekommt ihr beim jeweils zuständigen Landesamt (ZB. Beim Amt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit, Verbraucherschutz etc.), beim Veterinäramt, Jagdverband oder Förster. Nachfragen lohnt sich!

Das Aujeszky-Fazit

Wenn ihr die letzten Absätze und auch den Steckbrief der Krankheit aufmerksam gelesen habt, solltet ihr feststellen, dass die Gefahr einer Ansteckung eures Hundes mit Aujeszky viel überschaubarer ist, als meistens angenommen wird. Die Aujeszky-Krankheit ist eine gefährliche aber auch sehr seltene Erkrankung bei Hunden und auf keinen Fall Grund zur Panik. Außerdem zeigt es, dass die Gefahr im Wald präsenter als in der Futterschüssel ist und die gute Frau, der ihr Hund das Schweinefleisch vom Küchentisch stibitzt hat, mit Sicherheit nicht des versuchten Hundemordes angeklagt werden muss.

Wenn ihr Angst vor einer Ansteckung habt, ist es zunächst sinnvoll herauszufinden, wie viel Schwarzwild es in eurer Region gibt und ob es dort schon Fälle des Aujeszky-Virus bei Wildschweinen gegeben hat. Haltet euch an die Regeln, die bei euch im Wald gelten, lasst sie nicht wild durch das Unterholz stöbern, seid aufmerksam und geht dem Schwarzwild aus dem Weg – NICHT nur das Fressen, auch der (bereits leichte) Kontakt mit infektiösen Wildschweinen oder deren Hinterlassenschaften, kann für eine Ansteckung genügen!

Die Fütterung von Schweinefleisch aus nicht AK-freien Ländern ist um einiges risikoreicher, als die Fütterung von Schweinefleisch aus AK-freien Ländern und sollte daher lieber vermieden werden. Wie vorsichtig man schlussendlich im Bezug auf Schweinefleisch aus AK-freien Hausschweinebeständen ist, muss natürlich jeder selbst entscheiden. Wenn man der Gefahr des Aujeszky Virus jedoch gänzlich aus dem Weg gehen möchte, gilt:

  1. Kein (rohes) Schweinefleisch oder Innereien von Haus- und vor allem Wildschwein verfüttern und dem Hund keine unerhitzen Schweineknochen, Trockenkauartikel oder Hundespielzeug vom Schwein geben.
  2. Sich an die Regeln im Wald halten. Insbesondere in Gebieten mit viel Schwarzwild, den Hund stets an der Leine führen. Kontakt mit Wildschweinen generell meiden!
  3. Den Hund niemals in die Nähe von Wild-Kadavern oder Wildschweinsuhlen und Kotstellen lassen.
  4. Auch der Kontakt mit Freilandschweinen sollte gemieden werden und im Schweinestall hat ein Hund sowieso nichts zu suchen!
  5. Für Jäger gelten besondere Vorsichtsmaßnahmen. Einen solchen Leitfaden findet ihr zum Beispiel hier.

Übrigens, auch andere Fleischsorten ob vom Rind, Huhn oder Pferd können Gefahren bergen. Dazu kommen wir aber ein anderes Mal – also nichts verpassen und schnell für unseren Newsletter eintragen!

Anna-Merle Jedamzik

Anna-Merle Jedamzik

Gründerin von Cleverdog Campus

Merle hat Agrarwissenschaften, mit den Schwerpunkten Tierzucht und Tierhaltung, studiert und widmet sich mit Leidenschaft der Wissenschaftskommunikation im Bereich der Naturwissenschaften. Seit einigen Jahren liegt ihr Fokus dabei auch auf der Kynologie.

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